NEVER ENDING STORY
VfB-Keeper Jens Lehmann lässt sich für sein geplantes Karriereende im Sommer eine Hintertür offen. "Zu 95 Prozent steht für mich fest, dass ich Schluss mache. So ganz genau weiß ich es aber nicht. Vielleicht kommt noch was dazwischen. Zum jetzigen Zeitpunkt könnte ich locker weiterspielen".
Lehmann wies zugleich die Ermahnung seines Klubtrainers Markus Babbel zurück, der den exzentrischen Torhüter zu mehr Gelassenheit aufgefordert hatte. "Entspannt auf dem Rasen? Ich will gewinnen. Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen: Da musst du kämpfen. Mit Nettsein und Entspannung kommst du nicht weiter. Ich wüsste gar nicht, wie ich auf dem Platz anders sein sollte", sagte der Ex-Nationalkeeper.
Lehmann sieht sich nach wie vor auf äußerst hohem Niveau. "Ich habe mich nicht verschlechtert. Vor 16 Monaten habe ich noch im EM-Finale gestanden. Ich spiele mit dem VfB in der Champions League. Ich habe keinen Grund, an mir zu zweifeln", betonte er.
Allerdings macht ihm die angespannte sportliche Situation beim VfB, der in der Bundesliga nur drei Punkte vor Relegationsplatz 16 rangiert, große Sorgen. "Ich hoffe nicht, dass ich zum ersten Mal in meiner Karriere absteige", sagte Lehmann.
Nach dem Erfolg der vergangenen Spielzeit mit dem Erreichen der Champions League sei es jedoch "nicht unnormal", dass der VfB jetzt Probleme habe. "Das ging mir bei allen Mannschaften so, mit denen ich eine Anstrengung vollbracht habe", sagte Lehmann: "Wir müssen den Leuten mal wieder das Gefühl geben, dass wir alles geben, dann wird es auch wieder besser."
Auch VfB-Kapitän Thomas Hitzlsperger betonte, dass in Stuttgart "momentan recht wenig funktioniert", und nahm in einem Gespräch mit mehreren Medien sich selbst in die Pflicht: "Es kommt knüppeldick, das Tief hat eine neue Dimension. Doch wenn ich es gestärkt überstehe, ist das mein nächster Schritt nach vorne. Einknicken und verschwinden werde ich nicht." Kritik an seinen angeblich mangelnden Qualitäten als Führungsspieler nannte Hitzlsperger "plump".
STRATEGIEWECHSEL?
Die Strategen beim VfB Stuttgart sind sich einig: Es muss etwas passieren. Andernfalls ist die Trendwende nicht zu schaffen. Die Mannschaft braucht ein Signal für einen Neustart. Das alte System - mit einer flachen Vier im Mittelfeld - hat ausgedient. Sehr wahrscheinlich stellt Markus Babbel auf eine Rauten-Formation um.
Schweren Herzens, wie es auf dem Wasen heißt. Schließlich hatte seine Abkehr von der Raute, wie sie sein Vorgänger Armin Veh lange erfolgreich praktizierte, durchschlagende Wirkung. Aber oft bringt alleine der Wechsel neue Impulse, neue Reize für eine Mannschaft. Genau darin liegt die Chance. Aber auch das Risiko. So groß die Verlockung ist, das Neue zu wagen, es gibt auch heikle Fragen:
1. Reicht die Zeit, um nach der Länderspiele-Pause die Raute einzustudieren?
2. Hat Babbel für die neue Grundordnung auch das passende Personal?
3. Und was passiert mit dem formschwachen Kapitän Thomas Hitzlsperger?
Drei zentrale Fragen, die die sportliche Führung der Roten fast täglich diskutiert. Ein mögliches Ergebnis: Die bisherige Doppel-Sechs Sami Khedira/Thomas Hitzlsperger könnte schneller als gedacht ein Fall für die historische Abteilung der Roten werden. Und damit auch die flache Vier. Ganz unabhängig davon, dass die Mannschaft gegen Schalke neue Impulse braucht. Und die kann ein neues System durchaus fördern.
DIE FLACHE VIER: In der Grundformation der flachen Vier gibt es zwei defensive Mittelfeldspieler (die Doppel-Sechs), die vor der Abwehr stehen. Die Positionen 8 und 7 besetzen die Flügel. Halbpositionen gibt es ebensowenig wie einen Zehner.
DIE RAUTE: Vor der Abwehr steht mit der Nummer 6 nur ein defensiver Mittelfeldspieler. Er sollte Pässe durchs Zentrum verhindern und den offensiven Mittelfeldspieler des Gegners ausschalten. Hinter den beiden Spitzen gibt es mit der Nummer 10 eine offensive Anspielstation, einen Spielmacher. Die anderen beiden Positionen besetzen die Halbpositionen im Mittelfeld.
HITZFELD HAT VERTRAUEN
Stürmische Zeiten erlebt derzeit auch der FC Bayern München. Der Start in die Saison ist nicht nach Wunsch verlaufen. Der FCB hinkt der Konkurrenz hinterher. Nach acht Spieltagen rangiert der Rekordmeister mit lediglich zwölf Zählen auf dem 8. Rang der Tabelle. In den vergangenen drei Pflichtspielen blieben die Bayern zudem ohne Torerfolg.
Das Spitzenduo Bayer Leverkusen und Hamburger SV haben bereits acht Punkte zwischen sich und die Bayern gelegt - ein beachtliches Polster nach nur acht Spieltagen. Ein - aus Bayern Sicht - besorgniserregender Vorsprung, doch kein Grund den Kopf bereits in den Sand zu stecken. Die Meisterschaft wird nach 34 und nicht nach acht Spieltagen entschieden.
Das sieht auch Bayerns ehemaliger Erfolgstrainer Ottmar Hitzfeld so. "Ich mache mir keine Sorgen um den FC Bayern, weil ich glaube, dass er eine Qualität hat, die er noch nie hatte. Man hat so viele Möglichkeiten und Alternativen, kann praktisch jeden Spieler adäquat ersetzen", ist der aktuelle Schweizer Nationaltrainer vom Kader des FCB überzeugt.
Und weiter: "Bei Bayern ist immer der Erfolg das wichtigste und nicht die Spielphilosophie und das System. Uli Hoeneß hat ja auch mal gesagt: Die Resultate müssen stimmen und ich bin überzeugt, dass Louis van Gaal die Resultate bald einfahren wird."
Hitzfeld, der die Bayern unter seiner Regie zu fünf Meisterschaften führte, glaubt trotz des holprigen Saisonstarts weiter fest an den Titel für die Münchner.
"Ich bin überzeugt, dass van Gaal aus den ersten acht Spielen die richtigen Lehren zieht und als erfahrener Trainer Ruhe bewahrt, auch wenn es mal kriselt. Bayern wird das Feld von hinten aufrollen".
In den Augen des "Generals" hat Bayern-Coach van Gaal auch noch ein Ass im Ärmel: Luca Toni - zusammen mit Miroslav Klose. "Ich habe bei Bayern München mit Luca Toni und Miroslav Klose gute Erfahrungen gemacht. Das ist ein Stürmer-Duo, das seinesgleichen in Europa und nicht nur in Deutschland sucht. Das sind Stürmer, die jeden Verein aus der Krise schießen können. Van Gaal hat sicher mit Luca Toni noch einen Trumpf in der Hand und wenn er diesen Trumpf zieht, wird er wieder erfolgreich sein."
Und so würde aus dem Münchner Angriff vielleicht wieder ein richtiger Sturm - passend zur Jahreszeit. Bleibt nur abzuwarten, ob van Gaal seinen "Trumpf" auch wirklich zieht...
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