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Tabelle Fussball 1. Bundesliga 2009/10

Mittwoch, 30. September 2009

Bundesliga Kolumne "Unser täglich Bier" - 30.09.

Alte Rivalen
 
Ex-Bayern-Keeper Oliver Kahn hat Jens Lehmann kritisiert. Im "SWR"-Fernsehen konnte sich Kahn einen kleinen Seitenhieb gegen seinen ehemaligen Rivalen nicht verkneifen. "Ein bisschen mehr Gelassenheit täte Jens vielleicht ganz gut. Zum Ende der Karriere steht es einem ganz gut, wenn man das Ganze mal mit einem Lächeln nimmt", sagte Kahn, nachdem Lehmann (39) vor dem Spiel seines VfB Stuttgart in Frankfurt einen Fotografen angerempelt hatte.
 
 
 
Interview
 
Auch heute wird wieder ein Interview nachgeliefert. Diesmal beantworte Manuel Friedrich von Bayer 04 Leverkusen die Fragen von bundesliga.de:
 
bundesliga.de: Manuel Friedrich, Glückwunsch zum Derbysieg. Wie man an Ihnen sieht, ging es auch ganz schön zur Sache. Musste Ihre Kopfwunde getackert werden?

Manuel Friedrich: Nein. Die Wunde wurde nicht getackert, nur geklebt. Es war ein unglücklicher Zusammenstoß. Wir sind mit unseren Schädeln zusammengekracht. Das kann passieren. Wir hatten Derbystimmung, das Spiel war hart umkämpft. Die Kölner haben eine richtig gute Mannschaft. Wenn man das komplette Spiel sieht, sind wir schon der verdiente Sieger. Wir können über die drei Punkte sehr zufrieden sein.

bundesliga.de: Bayer Leverkusen hat kaum eine Kölner Chance zugelassen. War das in Sachen Kompaktheit das beste Saisonspiel der "Werkself"?

Friedrich: Nein. Die Abwehrarbeit fängt immer vorne an. Die Stürmer haben gut mitgearbeitet. Unsere beiden defensiven Mittelfeldspieler Simon Rolfes und Arturo Vidal standen überragend. Das hatte am Mittwoch in Kaiserslautern nicht ganz so gut geklappt. Gegen Köln haben wir ohne Fehler gespielt. Wenn die beiden vor uns so gut spielen, ist es für uns umso leichter. Wir mussten nicht viel machen. Bei Tempogegenstößen oder Kontern mussten wir ein bisschen aufpassen, denn darauf lauerten die Kölner. In der einen oder anderen Szene hatten wir ein bisschen Glück. Dann schwanden ihnen die Kräfte. Dann waren sie unkonzentriert, und wir machen zum Glück am Ende das Tor.

bundesliga.de: Auffallend ist, dass Bayer Leverkusen in dieser Saison nicht mehr auf die totale Offensive setzt.

Friedrich: Stimmt. Wir spielen nicht Harikiri und greifen nicht auf Teufel-komm-raus an. Wir wollen hinten sicher stehen und nach Möglichkeit keinen Gegentreffer kassieren. Vorne machen wir meistens unser Tor. Deswegen ist unsere oberste Devise, hinten sicher zu stehen. Vielleicht hätte uns ein früheres Tor mehr Sicherheit gegeben. So mussten wir zittern, dass noch ein Ball reingeht. Aber dafür haben wir ja auch den Simon Rolfes, der ein überragendes Spiel gemacht hat.

bundesliga.de: Sie haben sich kürzlich als Ex-Nationalspieler bezeichnet. Täuscht es oder läuft es seitdem bei Ihnen persönlich wieder viel besser?

Friedrich: Ich habe schon nach dem letzten Länderspiel gesagt, dass ich Ex-Nationalspieler bin. Daran liegt es nicht. Im Moment läuft es bei der ganzen Mannschaft gut. Wir stehen oben. Da ist es klar, dass auch jeder einzelne Spieler davon profitiert, gut spielt und auf dieser Welle mitschwimmt. Ich will mich da nicht rausnehmen.

bundesliga.de: Inwieweit spielt die Verpflichtung von Sami Hyypiä als neuer Abwehrchef eine Rolle für Bayers neue Stabilität in der Defensive?

Friedrich: Das spielt eine große Rolle. Es ist eine Ehre für jeden Spieler, mit so einer Legende zusammenspielen zu dürfen. Zum Glück hat es in dieser Saison mich getroffen. Ich freue mich auf jedes Spiel und nehme alles mit, was er mir sagt. Wir reden viel im Spiel. Er hat einen Fußballverstand, der seinesgleichen sucht. Man sieht in jedem Spiel, warum er eine Legende ist. Er schlägt aus dem Fußgelenk Diagonalbälle über 80 Meter auf einen Bierdeckel, das ist der Wahnsinn. Er strahlt eine Ruhe aus. Da kann man sich eine Scheibe abschneiden, von ihm lernen und sich an ihm hochziehen.

bundesliga.de: Bayer hat sich fürs Erste in der Spitzengruppe der Bundesliga festgesetzt. Glauben Sie, dass Bayer in diesem Jahr das hohe Niveau über die ganze Saison halten kann?

Friedrich: Das ist unser Ziel. Wir wollen uns für die internationalen Plätze qualifizieren. Wir haben das gleiche Ziel wie in den letzten beiden Saisons. Da ist das leider fehlgeschlagen. Wir versuchen jetzt, unseren Lauf fortzusetzen, uns weiterzuentwickeln und die Fehler abzustellen. Das wichtigste Kriterium ist, nicht wieder am Saisonende einzubrechen.

bundesliga.de: Muss Jupp Heynckes auch bereits auf die Euphoriebremse treten?

Friedrich: Wir sind nicht so euphorisch. Das wird vielleicht von außen so gesehen. Aber von uns liest sowieso fast keiner Zeitung. Da bekommt keiner die Euphorie mit.

bundesliga.de: Dass keiner der Spieler Zeitung liest, soll ich jetzt glauben?

Friedrich: (schmunzelt): Ja, klar.
 
 
schwarzes Buch
 
Die Entlassung von Lucien Favre beschäftigt uns auch weiterhin. Nachfolgend einige Punkte, die zu seinem Scheitern beitrugen. Im Prinzip begann alles schon zum Ende der abgelaufenen Saison. Hertha BSC war zwei Spieltage vor Schluss mittendrin im Meisterrennen, aber hinter den Kulissen brauten sich schon dunkle Wolken zusammen. Trainer Lucien Favre hatte gegen Schalke 04 und eine Woche später in Karlsruhe auf Arne Friedrich und Andrej Woronin verzichtet - beide Stützen der unheimlichen Berliner Erfolgsgeschichte. Friedrich war angeschlagen, hätte aber durchaus auflaufen können. Woronin fiel dem taktischen Konzept zum Opfer, wurde jeweils erst spät eingewechselt.
 
Gegen mittelmässige Schalker und den dem Abstieg geweihten Karlsruhern gelang der Hertha ein mickriger Punkt. Neben der Meisterschaft war auch die Champions League futsch - und damit die Chance auf 20 Millionen Euro Mehreinnahmen.
Das selbst verschuldete Desaster trieb Grössen wie Woronin oder Joe Simunic vom Hof, weil sie für die klamme Hertha schlicht unbezahlbar wurden. Marko Pantelic, zeitlebens der Intimfeind von Favre, wurde an Ajax Amsterdam abgegeben. Die verpasste Teilnahme an der Königsklasse geht zu Teilen auf die Kappe von Favre. Der Schweizer wurde in der Endphase der Saison zum Opfer seiner eigenen Mentalität.

Ein wenig erinnert er an den jungen Ralf Rangnick: Fachlich bestens ausgebildet, ein positiv Verrückter, der für den Fussball lebt und alles was damit zu tun, in sich aufsaugt. Aber auch einer, der das Kollektiv immer über den Einzelnen stellt. Rigoros, ohne das manchmal nötige Fingerspitzengefühl und vor allem ohne Rücksicht auf Namen und Verluste. Bei Rangnick waren es Balakow (in Stuttgart), Simak (in Hannover) oder Lincoln (auf Schalke), mit denen der Coach regelmässig aneckte und letztlich auch scheiterte. Bei Favre war es Pantelic und jetzt angeblich Friedrich.

Auch beim Rauswurf von Dieter Hoeness hatte Favre seine Finger mit im Spiel. Am Ende soll der Schweizer den Berliner Alleinherrscher nicht mal mehr gegrüsst haben. Mit Hoeness musste ein streitbarer Manager gehen. Aber Streit und Reibung erzeugen auch Energien. Mit Hoeness verliess der lebhafte Diskurs die Hertha. In Michael Preetz, der gerade sein erstes Praxissemester als Manager durchläuft und Präsident Werner Gegenbauer blieb Konformität da - die Favre auszunutzen vermochte.

Der Selbstzerstörungsmechanismus war da bereits in Gang gesetzt. Einen gewaltigen - wenn auch in der öffentlichkeit nicht so prominenten - Anteil hat allerdings auch Gegenbauer daran. Der alberne Machtkampf mit Hoeness um die Frage, wer denn nun den Erfolg der Mannschaft im Frühjahr, als die Hertha nach 24 Spieltagen Tabellenerster war, zu verantworten hat, suchte schon damals seinesgleichen. Als dessen Konsequenz wurde Hoeness zuerst scheibchenweise entmachtet und dann entlassen.

Ohne Hoeness, Pantelic, Simunic und Woronin war im Sommer der erneute Umbruch von Nöten. Favre blieb auf dem Transfermarkt aber sehr zurückhaltend, erst am letzten Tag der Wechselfrist holte die Hertha mit Adrian Ramos und Cesar noch zwei völlig unbekannte Spieler und aus Dortmund Florian Kringe. Eine Blaupause von Favres Transfergebaren in der Schweiz. Auch da zögerte er bis zuletzt mit seinen Spielerkäufen, liess ehemalige Wunschspieler plötzlich wieder fallen und entschied sich dann um.

Favre bewahrte sich seinen festen Glauben ans Kollektiv und das Erfolgsrezept der strikten Aufgabenverteilung auf dem Platz. Nur: Ganz ohne Individualisten, die aus einem gut funktionierenden Kollektiv eine Spitzenmannschaft machen, geht es nicht. Weder in der Kreisliga, noch in der Bundesliga. 14 Mal gewann Berlin letzte Saison eine Partie mit nur einem Tor Unterschied und fast immer waren Pantelic oder Woronin die Garanten für den Sieg.

Mit der individuellen Klasse ging auch die Struktur innerhalb der Mannschaft von Bord. Favre vertraute darauf, dass aufstrebende Spieler wie Maximilian Nicu oder Patrick Ebert schnell in die Rolle der Abgänger schlüpfen könnten und verzockte sich. Die jungen Spieler rücken derzeit viel zu schnell in den Fokus und sind in ihren neuen Rollen überfordert. Letzte Saison konnten sich Nicu, Ebert oder Marc Stein noch im Schatten der Leistungsträger in Ruhe entwickeln. Jetzt sollen sie plötzlich selbst Führungsspieler sein.

Allerdings muss man dem Schweizer auch zugute halten, dass er von seiner Mannschaft in den letzten Wochen fast schon unerhört frech im Stich gelassen wurde. Nicht umsonst wetterte Co-Trainer Harald Gämperle schon Stunden vor der offiziellen Entlassung: "Es kann nicht sein, dass einige Spieler hinter dem Rücken Politik machen. Wenn einige Akteure zwei-, dreimal hintereinander so schlecht spielen, dann muss man sich schon fragen, welche Interessen die Spieler haben." Ein klar formulierter Vorwurf an das Team und im Besonderen an Kapitän Friedrich.

Aus dem "GodFavre", dem übervater, der in den letzten beiden Jahren aus sehr wenig sehr viel gemacht hat, ist bei grossen Teilen der Fans ein Normalsterblicher geworden. Denn die Weiterentwicklung der Mannschaft, die Umstrukturierung des Umfelds, die nächsten Schritte nach oben, hinein in die hart umkämpften Wettbewerbe wie Europa League oder Champions League - all das gehört wohl zunächst wieder der Vergangenheit an.

Die Realität wird bis zum Ende der Saison Abstiegskampf, oder allenfalls Mittelmass heissen. Wie damals, als Favre im Juni 2007 übernahm und Mannschaft und Klub reformieren sollte. Hertha BSC ist jetzt aber gerade dabei, drei Jahre harter Arbeit einfach wegzuwerfen.

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