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Tabelle Fussball 1. Bundesliga 2009/10

Mittwoch, 4. November 2009

Bundesliga Kolumne "Unser täglich Bier" - 04.11.09

FOKUS I
 
Eine Woche Sonnenschein und hochsommerliche Temperaturen, lange Spaziergänge und zur Abwechslung hin und wieder ein bisschen Fußball-Tennis am Strand. Während seine Teamkollegen vom VfL Wolfsburg im nasskalten deutschen Herbst bei der täglichen Trainingsarbeit schufteten, versuchte der Torschützenkönig Grafite letzte Woche in seiner brasilianischen Heimat den Kopf frei zu bekommen. Verordneter Sonderurlaub hieß die Maßnahme, mit der VfL-Trainer Armin Veh seinen zuletzt formschwachen und völlig verunsicherten Stürmer wieder in die Erfolgsspur bringen wollte.

Glaubt man den Beteiligten, dann hat die ungewöhnliche Aktion gefruchtet. "Ich konnte mich entspannen und habe mich gut erholt. Jetzt werde ich wieder angreifen", sagt Grafite, der in dieser Woche den Trainingsrückstand aufarbeiten will. "Ich muss das aufholen, was ich in der letzten Woche verpasst habe, damit ich am Samstag gegen Hoffenheim spielen kann."

Für das Wolfsburger Champions-League-Gastspiel am Dienstag bei Besiktas Istanbul war der Torjäger nach seiner Roten Karte aus der ersten Partie gegen die Türken gesperrt. Seinen Aussetzer in der Begegnung vor zwei Wochen bedauert Grafite.

"Ich habe mich leider provozieren lassen, das war ein Fehler. Ich hoffe, dass ich der Mannschaft dadurch nicht nachhaltig geschadet habe und dass wir trotzdem die nächste Runde erreichen", so der 30-Jährige, der auch noch für das vorletzte Gruppenspiel bei ZSKA Moskau (25. November) suspendiert ist.

Sein zwischenzeitlicher Disput mit Veh, dem der Angreifer vorgeworfen hatte, ihm nicht genügend Wertschätzung gegenüber zu bringen, ist längst vergessen. "Ich bin Armin Veh dankbar. Er hat richtig entschieden", sagt Grafite einsichtig: "Er hat recht, wenn er sagt, dass ich mich nach den Erfolgen im Vorjahr zu sehr unter Druck gesetzt habe."

Statt die Fehler bei anderen zu suchen, will der Südamerikaner wieder vermehrt an sich arbeiten: "Natürlich bin ich mit zwei Toren in der Bundesliga derzeit selbst nicht zufrieden. Es hätten mehr sein können, die Chancen waren da. Daran arbeite ich. Für mich ist das jetzt ein Neuanfang."

Rückendeckung erhält Grafite von seinen Teamkollegen, die seinen Anteil an der Meisterschaft mit insgesamt 28 Treffern nicht vergessen haben. "In der vergangenen Saison hat er Unglaubliches für die Mannschaft geleistet - ist Torschützenkönig geworden, wurde zum besten Fußballer der Liga gewählt. Er hat seine Qualitäten gezeigt, und ich bin sicher, dass er wieder zurückkommen wird", sagt sein Landsmann und Teamkapitän Josue.

Damit er endlich zu alter Stärke zurückfindet, braucht Grafite aber möglichst bald ein Erfolgserlebnis. "Ein Stürmer erzielt nun mal gerne Tore und wird auch daran gemessen. Ich bin sicher, dass ich wieder treffen werde, auch wenn es vielleicht nicht so viele Tore werden wie im letzten Jahr."
 
 
FOKUS II
 
Nach der 0:1-Heimniederlage gegen Hannover 96 schrillen in Köln wieder die Alarmglocken. Die Rheinländer rutschten zurück auf Platz 15 und befinden sich statt im gesicherten Mittelfeld wieder in Abstiegsgefahr.
Die Voraussetzungen waren wie gemalt für den 1. FC Köln. Nach acht Punkten aus den letzten fünf Spielen und dem Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals unter der Woche empfingen die "Geißböcke" mit Hannover 96 einen Gegner im RheinEnergieStadion, gegen den ein Sieg fest eingeplant war. Doch statt des erhofften Dreiers gab es einen bitteren Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten. "Ich möchte nicht die Statistik von 0:10-Torschüssen in der 1. Halbzeit bemühen, sondern über die Einstellung sprechen, die wir an den Tag gelegt haben", redete FC-Manager Michael Meier Klartext: "Wenn wir mit der selben Konzentration zu Werke gehen wie gegen Trier, fällt dieses Gegentor nicht. Dann holen wir Minimum ein Unentschieden, mit dem wir aber auch nicht zufrieden gewesen wären. Das ist eine Frage der Einstellung."

Auch Köln Trainer Zvonimir Soldo erschrak angesichts der Leistung seiner Truppe: "Das war bislang unser schlechtestes Spiel. Die Einstellung war nicht da. Es gab kein Engagement, keine Leidenschaft, keine Laufbereitschaft. Bei mir hat keiner Laufverbot. Das war zu wenig."

Zu sehr hat sich die Mannschaft zuletzt auf ihre Defensivqualitäten verlassen. Wer kein Gegentor bekommt, verliert nicht und holt Punkte, lautete die Devise. Darüber wurde jedoch das Offensivspiel bedenklich vernachlässigt. In den letzten fünf Bundesliga-Spielen erzielten die Kölner einen einzigen mickrigen Treffer. Die sechs Saisontore sind absoluter Minuswert der Liga.

Dabei hatten die Domstädter gegen Hannover nominell mit Milivoje Novakovic, Mannaseh Ishiaku, Lukas Podolski und Sebastian Freis alle Offensivleute in der Startelf, die der Kader hergibt, dazu auch erstmals nach seiner dreiwöchigen Rotsperre wieder der portugiesische Spielmacher Maniche, der im Mittelfeld kreativ die Fäden ziehen sollte. Umso erschreckender war die plan- und emotionslose Vorstellung. Der FC hat das Toreschießen verlernt.

"Wir müssen uns alle - mich eingeschlossen - hinterfragen", gab sich Publikumsliebling Lukas Podolski selbstkritisch: "Mit so einer Leistung kann man nicht nach Berlin fahren. Da bleiben wir lieber hier. Wir haben eine Woche Zeit, müssen uns das Selbstvertrauen in Gesprächen zurückholen. Dann müssen wir in Berlin anders auftreten als hier, sonst haben wir dort keine Chance."

Und der nächste Gegner Hertha BSC Berlin ist wohlgemerkt derzeit das abgeschlagene Schlusslicht der Bundesliga-Tabelle, das aus den letzten zehn Spielen selbst nur einen Punkt ergatterte. Michael Meier führte die schwache Partie gegen Hannover 96 auf ihre Selbstzufriedenheit zurück. Nur wenn die Mannschaft richtig unter Druck und mit dem Rücken zur Wand steht, ruft sie ihr wahres Können ab.

"Ich sehe mit dem nächsten Gegner in Berlin schon einen gewaltigen Druck auf uns zukommen", meint Meier: "Der nächste Heimgegner Hoffenheim ist sicherlich auch nicht von Pappe, so dass wir dann wieder unter Druck stehen. Aber vielleicht kann die Mannschaft diesen Druck eher parieren."

Im Kölner Blätterwald rauscht es schon wieder bedenklich. "Grusel-FC" titelte der "Express". Es dürfte eine ungemütliche Woche werden. "Der Trainer wird uns deutlich unsere Fehler aufzeigen und versuchen, uns Lösungsmöglichkeiten mit auf den Weg geben, um es besser zu machen", sagt FC-Angreifer Sebastian Freis. "Vielleicht ist auch die eine oder andere härtere Trainingseinheit dabei. Die haben wir uns auch verdient."
 
 
FOKUS III
 
Normalerweise sind die Mechanismen so: Die Mannschaft spielt schlecht und verliert damit nicht nur Spiele, sondern auch zunehmend die Unterstützung von Fans und Zuschauern. Beim kriselnden VfB Stuttgart indes laufen die Dinge derzeit ein wenig anders. Was allerdings auch an der Initiative der Stuttgarter selbst liegt. So zum Beispiel geschehen vor dem Spiel gegen den FC Bayern. Nach dem Aufwärmen winkte Kapitän Thomas Hitzlsperger sein Team zusammen. Die Mannschaft ging geschlossen in die Cannstatter Kurve, dorthin, wo ihre treuesten Anhänger stehen.

Eine völlig verkorkste Saison mit zuletzt fünf Pflichtspiel-Pleiten in Serie schleppten sie mit dorthin. Doch der beabsichtigte Schulterschluss funktionierte: Die Spieler klatschten den Fans respektvoll Beifall, die Fans feierten die Spieler. Die Aktion war eine Art Dankeschön für bedingungslosen Beistand in schweren Zeiten, erläuterte Trainer Markus Babbel: "Die Fans sind einzigartig, sie stehen hinter uns." Und das ist in der derzeitigen Situation des VfB Stuttgart alles andere als selbstverständlich.

"Es war eine tolle Stimmung heute im Stadion", zeigte sich VfB-Mittelfeldstar Alexander Hleb nach dem Spiel gegen die Bayern begeistert von der positiven Atmosphäre. In der Tat beklatschten die Fans und Zuschauer jede gelungene Aktion der Schwaben, und versuchten so, das angegriffene Selbstbewusstsein "ihrer" Spieler zu stärken. Beim Spiel gegen die Bayern verdiente sich der VfB allerdings auch die Unterstützung von den Rängen durch engagiertes Auftreten.

Dass es am Ende wieder nicht zu drei Punkten reichte, lag neben den solide spielenden Bayern auch an der Verunsicherung, die die Stuttgarter mittlerweile verständlicherweise ergriffen hat. Viel Kampf, aber auch viel Krampf - so kann man das Spiel von Babbels Mannschaft umreißen. Zwar wurden wieder einige Torgelegenheiten herausgespielt, aber in den entscheidenden Momenten blieben die Stuttgarter dann doch zu harmlos, weshalb Babbel sogleich warnte: "Wir müssen höllisch aufpassen, dass wir das nicht schönreden."

Dennoch, es scheint mit den Stuttgartern aufwärts zu gehen. "Das ist ein Ergebnis, das mal nicht zum Trübsal blasen ist, auch wenn es uns nicht befreit", sagte Sportvorstand Horst Heldt. Und Torhüter Jens Lehmann betonte: "Es ist ein Silberstreif am Horizont aufgetaucht."

Das bedeutet auch: Babbel kann erst mal durchatmen. Zumal es auch erneut Rückendeckung für ihn gab. "Es ist überhaupt nicht so, dass wir den Trainer in Frage stellen", sprach Jens Lehmann stellvertretend und ergänzte: "Ich bin der Meinung, dass der Trainer mit seiner Qualität absolut der richtige Mann ist."

Dass Babbel seinen Job behalten durfte, löste vergangene Woche auch Sympathiebekundungen bei "Kiebitzen" auf dem Stuttgarter Trainingsgelände aus. Auch eher ungewöhnlich. Aber das alles zeigt: Trotz der schwierigen sportlichen Situation stimmt es zwischen Trainer, Spielern und Fans.

Das Grundproblem allerdings bleibt: Die Punkte, beziehungsweise die Siege, fehlen. Babbel forderte seine Spieler deshalb auf, am Mittwoch in der Champions League beim FC Sevilla die "gleiche Leidenschaft zu zeigen" und den Punkt gegen die Bayern dann bei Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga "zu vergolden." Die Fans hätten sicher nichts dagegen.
 
 
INTERVIEW
 
VfB-Präsident Erwin Staudt traut seinem Teamchef Markus Babbel viel zu: die Doppelbelastung zu meistern, den Trainerlehrgang abzuschließen und gleichzeitig die Mannschaft aus dem Tal zu führen.

Herr Staudt, ist die rote Welt nach dem 0:0 gegen den FC Bayern wieder in Ordnung?

Gar nichts ist in Ordnung.

Es war immerhin ein kleiner Schritt aus dem Tal.

Wir stehen auf einem Tabellenplatz, der alles andere als gut ist. Das verlangt alle Anstrengungen, um da unten wegzukommen.

Wie erleben Sie die Krise. Auch mit schlaflosen Nächten?

Schlaflos bin ich nicht. Aber ich habe mir natürlich auch Gedanken zu den Ursachen und Lösungen gemacht.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

Wir haben umfassend diskutiert und analysiert. Mit allen Gremien, dem Trainerteam und dem Mannschaftsrat. Danach waren wir der Ansicht, dass wir unseren Weg weitergehen.

Pardon. Das hört sich an, als hätten Sie erst gekuschelt, um sich hinterher zufrieden gegenseitig auf die Schulter zu klopfen.

Falsch! In diesen Runden wurde sehr kontrovers diskutiert. Aber das Wichtigste ist, dass wir am Ende die richtigen Schlüsse aus der Situation gezogen haben.

Und wie sehen die aus?

Wir sind uns alle der schwierigen Lage bewusst, in der wir uns befinden. Alleine schon wegen der Trainerausbildung von Markus Babbel.

Sie sagen es. Dieses Projekt ist gescheitert.

Das sehe ich anders. Wir müssen ihn jetzt noch mehr unterstützen.

Glauben Sie wirklich, dass man zwei anspruchsvolle Tätigkeiten gleichzeitig gut machen kann?

In anderen Bereichen ist das sicher leichter möglich als im Bundesligageschäft. Grundsätzlich sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass er das schafft.

Aber die letzten Monate haben eher gezeigt, dass es Markus Babbel nicht gelingt.

Das war nicht der ausschlaggebende Grund für die Krise.

Aber ein Mosaiksteinchen.

Alibis lasse ich nicht gelten. Aber man kann das so sehen. In erster Linie ist es ein Medienthema. Wir sind davon überzeugt, dass wir einen sehr guten Mann haben. Und dass er das bewältigt.

So weit hergeholt sind die Analysen nicht. Markus Babbel hat in diesen Tagen selbst eine Reihe von Fehlern eingeräumt.

Wollen wir jetzt wieder das Thema Rotation aufwärmen?

Ein weiteres Mosaiksteinchen.

Wir haben einen Kader, in dem jede Position doppelt besetzt ist.

Doppelt ja, aber nicht in gleicher Qualität. Damit stellt sich die Frage: Wurde der Kader falsch zusammengestellt?

Die Neuzugänge werden in einer solchen Situation immer thematisiert. Im Nachhinein kann man leicht kritisieren. Die Planung war zum damaligen Zeitpunkt schlüssig. Dafür wurden wir öffentlich gelobt.
 
Es ist die Planung von Horst Heldt. Er wirkt in diesen Tagen sehr angegriffen.

Er arbeitet sehr hart, und natürlich ist er unzufrieden, wie wir alle. Keinen lässt so eine Entwicklung kalt.

 
Zum Chefkritiker hat sich Guido Buchwald aufgeschwungen. Er wirft der Vereinsführung Versagen vor. Wie gehen Sie damit um?

Ich bin enttäuscht.Vor allem über die Art und Weise. Als Ehrenspielführer des VfB hätte er direkt zu uns kommen sollen, um bei einer Tasse Kaffee alles zu erörtern. Dass er erneut den Weg über die Medien gewählt hat, enttäuscht mich.

Im Kern dieser Kritik stehen die Transfers. Sind Sie zufrieden mit der Arbeit von Heldt?

Es gibt immer Treffer und Nieten. Da ist bei jedem Club so. Schauen sie sich doch um in der Liga. Ich glaube aber, dass bei unseren Transfers die Treffer überwogen haben.

Welche Rolle spielt der Präsident bei Transfers? Haben Sie das letzte Wort?

Wir definieren zunächst gemeinsam den Bedarf. Danach macht die sportliche Seite Vorschläge, dann entscheidet der Vorstand gemeinsam, wie wir vorgehen.

Kann sich der VfB Vagner Love leisten?

Das werden wir sehen.

Markus Babbel räumte Fehler ein. Haben Sie etwas falsch gemacht?

Wir haben alle Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen getroffen.

Zurück zur Stürmerfrage. Lässt die Kasse einen hochkarätigen Transfer zu?

Wir können nicht nur Spieler holen, wir müssen auch welche abgeben.

Das Gebot an Manager Heldt lautet also: Erst verkaufen, dann einkaufen.

Im Idealfall sollte das Hand in Hand gehen.

Wer ist Ihr Wunschstürmer?

Einer, der viele Tore schießt.

Hohe Erwartungen. Und was fordern Sie von Ihrer sportlichen Abteilung?

Dass sie die Ruhe bewahrt, konzentriert arbeitet und alles tut, um den Teambuilding-Prozess fortzusetzen. Wir sind in diesem Bereich noch nicht fertig.

Und was erwarten Sie gegen den FC Sevilla?

Das, was ich immer hoffe.

Einen Sieg?

Auch wenn Sevilla ein sehr starker Gegner ist, hoffe ich immer, dass wir Fußball-Deutschland zeigen können, dass wir ein würdiger Vertreter sind.

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